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Veröffentlicht am 05.12.2024

20 Jahre Stadtmuseum in der Beschußanstalt

Blick in die heutige Ausstellung

Heute, am 5. Dezember, vor 20 Jahren ist das Stadtmuseum in der Beschußanstalt eröffnet worden. Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum! Die Idee für ein Museum in unserer Stadt einzurichten, ist sogar noch viel älter: Sie stammt von Otto Barthelmes, dem letzten Bürgermeister von Zella St. Blasii, der bereits 1907 zur Gründung einer "Heimathalle" aufrief. So entstand ein beachtlicher Fundus aus Waffen, Werkzeugen, Fotos, Gemälden und Dokumenten. 1909 wurde schließlich das Heimatmuseum der Stadt Zella St. Blasii in der ehemaligen Berufsschule, Forstgasse 2, eröffnet. In Mehlis war 1910 ein Ortsmuseum in der Kaiserschule (heute Kinder- und Jugendfreizeittreff) eingerichtet. Diesen ersten Bemühungen war jedoch keine lange Existenz beschieden, die Wirren und Folgen des Ersten Weltkrieges verhinderten eine weitere Entwicklung.

Doch mit der Einweihung des neuen (heutigen) Rathauses wurden 1925 auch zwei Museumsräume eingerichtet, die bald auf vier Räume erweitert wurden. Mit dem Einzug der NSDAP musste das Museum in die Hügelschule an der Bahnhofstraße 10 ausweichen und wurde dort als Waffen- und Kleineisenmuseum eröffnet. Spätestens mit Ende des Zweiten Weltkriegs galten die Waffensammlung und andere wesentliche Teile des Bestands jedoch als verschollen.

1957 nahm die Neugründung eines Museums durch einen Beschluss des Stadtrats konkrete Gestalt an. 1963 eröffnete das Heimatmuseum Zella-Mehlis in einem Wohn- und Geschäftshaus am Mehliser Markt, wo es mehr als 40 Jahre lang beherbergt war. Auf diese Weise wurde Kulturgut in großem Umfang gesammelt und vor der Vernichtung gerettet werden - dabei geschah sehr vieles im Ehrenamt. 1987 wurde erstmals ein hauptamtlicher Museumsleiter eingestellt. So konnte eine neue Qualität der Museumsarbeit Einzug halten. Der Bestand wurde wissenschaftlich aufgearbeitet und der Ausstellungsbereich neugestaltet. Erst jetzt wurde durch die Verbindung der vier tragenden Säulen eines Museums - Sammeln, Bewahren, Forschen und Ausstellen - eine wirklich umfassende Museumsarbeit möglich. Aufgrund des akuten Platzmangels und der räumlichen Gegebenheiten konnte das Heimatmuseum nur einen kleinen Teil des Bestandes in den Ausstellungen zeigen. Der größte Teil der Sammlungen befand sich in verschiedenen Depots in Zella-Mehlis.

Seit der Wende (1989/90) gab es die Idee, im Gebäude der ehemaligen Herzoglich-Sächsischen Beschußanstalt Zella-Mehlis ein Stadtmuseum einzurichten. So gelang es, das denkmalgeschützte Gebäude einer sinnvollen Nutzung zuzuführen und gleichzeitig die permanente Raumnot im
bestehenden Museum zu lindern. Zudem ist die ehemalige Beschußanstalt der repräsentativste bauliche Zeuge der weit zurückreichenden Geschichte der Waffenproduktion in Zella und Mehlis.
Zunächst wurde eine Museumsentwicklungskonzeption erarbeitet, die im März 1992 vom Stadtrat beschlossen wurde. Diese Konzeption bezog sich auf die Objekte der ehemaligen Beschußanstalt in der Anspelstraße 25 (Stadtmuseum) und der Gesenkschmiede im Lubenbachtal (Technikmuseum).
Wesentliche Faktoren sprachen jedoch zunächst gegen einen solchen Schritt. Zum einen gab es Rückübertragungsansprüche, denen auch stattgegeben wurde und die dazu führten, dass sich das Objekt der Beschußanstalt in privater Hand befand. Noch gravierender waren jedoch der bauliche Zustand und die erkennbar hohen Aufwendungen und Kosten für eine bauliche Sanierung. Dies machte die Entscheidung für den Erwerb, die Sanierung und die Einrichtung eines Museums äußerst schwierig, ja fast unmöglich.

Glücklicherweise gab es viele Menschen in der Stadt, die sich von diesen Schwierigkeiten und der scheinbaren Unwirtschaftlichkeit der Idee nicht abschrecken ließen und das Ziel eines Museums in der Beschußanstalt weiter verfolgten. Zu diesem Personenkreis gehörten viele geschichtsinteressierte Bürger der Stadt, die Kulturverantwortlichen der Stadtverwaltung, die Mitglieder des Geschichts- und Museumsvereins, einige Stadträte und vor allem der damalige Bürgermeister unserer Stadt, Karl-Uwe Panse. Obwohl die genannten Probleme nicht kleiner wurden, führte dies 1997 zu der mutigen und weitsichtigen Entscheidung des Bürgermeisters und der Stadträte, die Beschußanstalt zu erwerben, zu sanieren und zu einem Museum umzubauen.

Während der industriellen Nutzung des Gebäudeensembles von 1940 bis 1990 kam es zu einer sehr starken Verschmutzung der Innen- und Außenbereiche mit Ölen und Schmierstoffen. In den Jahren 1994 bis 1990 wurden Anbauten errichtet und Teile der historischen Bausubstanz entfernt, was nun rückgängig gemacht werden musste. Da die Gebäude seit 1990 leer standen, wurden sie bis zur Sicherung 1997 immer wieder von randalierenden nächtlichen Besuchern heimgesucht, die Müll und zerstörte Einrichtungen hinterließen. Viele Bauteile waren nicht mehr nutzbar und sanierungsbedürftig. Auch die neue Nutzung als Museum erforderte einige Veränderungen im Gebäudekomplex. Der Ersatz nicht sanierungsfähiger Bauteile, die Wiederherstellung der ursprünglichen historischen Bausubstanz und die künftige Nutzung als Museum erforderten eine Vielzahl von Baumaßnahmen, die schließlich 1998 begannen. Insgesamt investiert die Stadt Zella-Mehlis als Eigentümer und Bauherr in die Bau- und Baunebenleistungen ca. vier Millionen Deutsche Mark. Die Investition der Stadt Zella-Mehlis in diese Baumaßnahme wurde durch verschiedene Einrichtungen und Institutionen mit insgesamt 3,4 Millionen Deutsche Mark gefördert. Dies waren u.a. Städtebaufördermittel der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Thüringen für die Stadtsanierung, Mittel der Bundesanstalt für Arbeit über Vergabe-ABM, des Landkreises Schmalkalden-Meiningen, des Thüringer Landesamtes für Denkmalpflege und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz.

Zu Beginn der Sanierungsarbeiten mussten neben Abbruch- und Beräumungsarbeiten großenUmfangs etliche Bauteile und Bereiche dekontaminiert werden.
Dabei wurden entsorgt:
• 563 Tonnen verölte Bauteile aus Beton- und Mauerwerk
• 9.000 Liter Öle und Ölschlämme
• 2.300 Tonnen ölverseuchtes Erdreich

Es erfolgte unter anderem:
• Abbruch von 3 Garagen, einem Nebengebäude, zwei Anbauten, einer Laderampe und einer Kranbahn, insgesamt ca. 405 m³ Bauwerke
• Beräumung von ca. 200 m³ Schutt, Müll, Materialresten
• Abbruch und Entsorgung von ca. 1.300 m² Verkleidungen, Decken, Vertäfelungen
• Abbruch von ca. 980 m² Fachwerkwänden und -decken
• Abbruch von 15 Schornsteinen
• Demontage von ca. 380 m Rohrleitungen und Kanälen
• Entfernen von 112 Fenstern und Innentüren
• Abbruch von 23 m³ Dachstuhl

Zunächst nicht sichtbar, aber dennoch nicht überraschend, wurde im Gebäude Hausschwamm festgestellt. Daher waren folgende Leistungen erforderlich:
• Austausch von ca. 180 m Fachwerkhölzern verschiedenster Dimensionierungen
• Holzschutz durch Holzinjektage auf 220 m² Fläche
• Holzschutz durch Spritzverfahren von ca. 815 m² Holzoberfläche

Der Ersatz nicht sanierungsfähiger Bauteile, die Wiederherstellung der ursprünglichen historischen Bausubstanz und die künftige Nutzung als Museum erforderten eine Vielzahl von Bauleistungen. Um einen Eindruck von der Größenordnung zu vermitteln, sind hier nur einige wesentliche
Leistungen aufgeführt:
• Errichtung eines neuen Dachstuhls mit 22 m³ Holz
• Eindeckung der Dachflächen 165 m² Tonziegel, 280 m² Schieferdeckung und 586 m² Titanzink-Doppelstehfalz
• Herstellen von ca. 280 m² Mauerwerkstrennwänden und 45 m³ Mauerwerkspfeiler und -wände
• Einbau von 10 Tonnen Stahlträger und -profile
• Einrüsten von 1.200 m² Fassadenfläche
• Betonieren von 289 m² neue Decken und Unterbeton
• Putzen von Flächen, davon 1.089 m² mit Kalk-Zement-Putz, 106 m² mit Sanierputz, 588 m² mit Gipsputz
• Herstellen von 315 m² Gipskarton-Ständerwänden, ca. 1.150 m² Gipskarton-Vorsatzschalen, 866 m² abgehangene Gipskarton-Decken und ca. 437 m²
Gipskartonverkleidung von Dachschrägen
• Einbau von 144 neuen Fenstern, 6 Außen- und 53 Innentüren
• Verlegen von ca. 6.950 m Elektro-, Informations-, Kommunikations- und Sicherheitstechnikleitungen
• Einbau von 913 m² Anhydritestrich und 290 m² Zementestrich
• Verlegen von 481 m² textilen Bodenbelägen, 192 m² PVC-Belägen, 255 m² Fliesen- und Natursteinbeläge
• Tapezieren und Streichen von 4.394 m² Innenwand- und Deckenfläche und Streichen von ca. 350 m²Holzfläche außen
• Anbringen eines Wärmedämmsystems und Verputzen der Außenwände auf 634 m²

An der Sanierung und dem Umbau haben 39 Bauunternehmen, Handwerker, Restauratoren und Planungsbüros gearbeitet. Davon kamen 10 Firmen aus Zella-Mehlis und weitere 21 Betriebe aus Südthüringen. Nur zwei der ausführenden Unternehmen hatten Ihren Sitz nicht im Freistaat Thüringen. Noch während der Sanierung wurde mit der Planung und Umsetzung der Dauerausstellungen begonnen und ab 2002 konnten die ersten Ausstellungsbereiche zur Stadtgeschichte, Geologie und Bergbau zugänglich gemacht werden. In den darauffolgenden zwei Jahren wurde die gesamte Dauerausstellung fertiggestellt und 2004 erstmals vollständig der Öffentlichkeit präsentiert.

Seitdem hat sich das Stadtmuseum in der Beschußanstalt weiterentwickelt. Neben jährlichen Sonderausstellungen und zahlreichen Sonderveranstaltungen wurde die Dauerausstellung weiter ergänzt und 2023 endlich auch ein Ausstellungskatalog herausgegeben. Der Sammlungsbestand wird kontinuierlich erweitert und umfasst heute 30.000 inventarisierte und dokumentierte Objekte. In den vergangenen 20 Jahren konnten mehr als 1700 meist mehrteilige Schenkungen und Vermächtnisse von Bürgern unserer Stadt, aber auch von außerhalb, übernommen werden. Neben dem Stadtmuseum in der Beschußanstalt verfügt die Stadt Zella-Mehlis heute über zwei weitere museale Einrichtungen: das 1992 von der Stadt erworbene Technikmuseum Gesenkschmiede und das Heimatmuseum Benshausen, das seit 2019 die Museumslandschaft bereichert.

Das 20-jährige Bestehen ist mit einer Festwoche gefeiert worden. Schulen, Kindergärten und städtischen Freizeiteinrichtungen waren eingeladen, Beiträge für eine Sonderausstellung zu gestalten. Fast alle folgten der Einladung und nahmen das Jubiläum zum Anlass, dem Museum im Rahmen des Unterrichts einen Besuch abzustatten und Inspirationen zu sammeln. Bürgermeister Torsten Widder machte sich mit Fachbereichsleiterin Annika Ansorg bereits ein Bild davon. Die Ergebnisse sind nun in einer Sonderausstellung zu sehen - wir berichten noch! Außerdem hat die Zella-Mehliser Stadt- und Kreisbibliothek zum Jubiläum eine Abendveranstaltung im Stadtmuseum organisiert. Rund 40 interessierte Zuhörer kamen ins Museum. Der Filmregisseur, Drehbuchautor und Schriftsteller Rolf Sakulowski las aus seinem Roman "Jägerstein". Darin geht es um eine spannende Geschichte aus der Gegenwart, in die historische Hintergründe aus unserer Region verwoben sind. Es war ein schöner und spannender Abend mit einem wunderbaren Menschen!

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