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Veröffentlicht am 21.07.2025

Vor Gespräch bereits Festlegungen? – KAG Oberzentrum Südthüringen fordert politische Klärung: Koalitionsversprechen bislang unerfüllt

Die Bürgermeister der vier Städte der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft (v.l.n.r.): André Knapp (Oberbürgermeister Suhl), Alexander Brodführer (Bürgermeister Schleusingen), Daniel Fischer (Bürgermeister Oberhof) und Torsten Widder (Bürgermeister Zella-Mehlis)./Quelle: Rene Kellermann
Seit 2018 arbeiten Oberhof, Schleusingen, Suhl und Zella-Mehlis in der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft (KAG) am Aufbau eines funktionsteiligen Oberzentrums Südthüringen. Eine Neubewertung der Erweiterung um Meiningen und Schmalkalden war im Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung zugesagt – doch sie steht bis heute aus. Erst jetzt ist ein erstes Gespräch mit dem Innenministerium angesetzt. Umso mehr sorgen befremdliche Aussagen des Innenministeriums sowie der Bürgermeister aus Meiningen und Schmalkalden für Unverständnis in der KAG.

„Das ist nicht nur ein Bruch des Koalitionsvertrags – das ist politisch schwer nachvollziehbar“, kritisiert Alexander Brodführer, Bürgermeister von Schleusingen und seit 1. Juli turnusmäßiger Vorsitzender der KAG. „Fast ein Jahr lang haben wir auf Gespräche gewartet – und jetzt wird per Ministeriumssprecher sowie aus Meiningen und Schmalkalden eine Entscheidung verkündet, die bisher nie mit uns diskutiert wurde.“

Vier Städte – ein funktionierendes Zentrum: Warum das 6er-Modell nicht trägt

Die Städte Oberhof, Schleusingen, Suhl und Zella-Mehlis haben in den vergangenen sieben Jahren funktionierende Strukturen aufgebaut – insbesondere in Wirtschaftsförderung, Kommunikation und interkommunaler Abstimmung. Diese enge Zusammenarbeit macht das geplante Vierer-Oberzentrum leistungsfähig, agil und zukunftsfähig.

Die im Landesentwicklungsprogramm 2025 festgeschriebene Ausweitung auf sechs Städte hingegen ignoriert diese bisher erzielten Ergebnisse und auch die Basis für ein funktionsteiliges Oberzentrum im Sinne der Landesplanung: Zwischen den Städten fehlen direkte Verbindungen, räumliche Nähe und gemeinsame Infrastrukturen. Auch kommt es zu einem demokratischen Ungleichgewicht. Die neu entstandene Sitzverteilung in der Regionalen Planungsgemeinschaft macht die strukturelle Schieflage deutlich: Sechs Städte, drei Sitze – zwei davon fix an Suhl aufgrund seiner Kreisfreiheit gebunden. Für vier Städte aus der Region bleibt nur ein einziger Sitz. Eine gleichberechtigte Entwicklungsperspektive für die Region ist so kaum möglich. Noch im vergangenen Jahr wurde daher die Ausweitung zum 6er-Oberzentrum von der Opposition deutlich kritisiert. Die neue Landesregierung kündigte deshalb im Koalitionsvertrag eine Neubewertung an. Nach Informationen der KAG hat eine solche Bewertung bislang nicht stattgefunden.

Gespräche nur mit halber Kraft?

Nach fast einem Jahr ohne politischen Austausch hat das Thüringer Innenministerium nun einen ersten Gesprächstermin mit den beteiligten Städten angesetzt. Die KAG begrüßt diesen Schritt ausdrücklich – auch wenn bislang keine Beteiligung des Ministerpräsidenten vorgesehen ist. „Wir begrüßen den Dialog – aber wir erwarten mehr als ein Alibi-Treffen. Es ist höchste Zeit, dass die Landesregierung die Hängepartie beendet und endlich für klare Verhältnisse sorgt“, sagt Brodführer. „Wenn die Landesregierung die Zukunftsfähigkeit Südthüringens ernst nimmt, gehört der Ministerpräsident mit an den Tisch.“

Vorgriff ohne Gespräche

Umso unverständlicher ist es für die KAG, dass – noch vor einem gemeinsamen Austausch zwischen allen Beteiligten – durch das Innenministerium sowie durch die Bürgermeister aus Meiningen und Schmalkalden eine Festlegung kommuniziert wird – obwohl eine angekündigte Neubewertung bislang ausgeblieben ist. „Das erinnert fatal an die Hinterzimmer-Politik der Vergangenheit. Wenn parteipolitische Erwägungen erneut den Takt vorgeben, droht die Landesregierung Vertrauen zu verspielen“, warnt Brodführer und sagt weiterhin „Verlässliche Politik entsteht nicht durch Pressemitteilungen – sondern durch den offenen Dialog mit den betroffenen Städten.“

Kooperation ja – politisch konstruierte Lösungen nein

Die KAG bekräftigt erneut ihre Kooperationsbereitschaft: Der im Frühjahr 2024 gemeinsam mit Meiningen, Schmalkalden und der Landesregierung unterzeichnete raumordnerische Vertrag war und ist ein klares Bekenntnis zur Zusammenarbeit. Dabei war stets klar: Die vier Städte bilden den Kern – Meiningen und Schmalkalden sind eng angebundene Partner. „Wir halten daran fest: Ein Oberzentrum Südthüringen aus unseren vier Städten soll nicht zulasten bestehender Strukturen entstehen, sondern muss in enger Kooperation mit Meiningen, Schmalkalden und der gesamten Region wachsen“, betont Brodführer. „Wer aus einem fachlich abgestimmten Modell eine politische Konstruktion macht, gefährdet das, was eigentlich gestärkt werden soll – die Entwicklungskraft Südthüringens. Wir fordern: Neubewertung jetzt – und Gespräche auf Augenhöhe, mit dem Ministerpräsidenten am Tisch.“

Hintergrund: Warum ein Oberzentrum Südthüringen aus vier Städten?

Ein Oberzentrum übernimmt laut Thüringer Landesentwicklungsprogramm (LEP) zentrale Funktionen für eine Region – etwa in Bildung, Gesundheit, Verwaltung, Verkehr und Wirtschaft. In Südthüringen kann keine einzelne Stadt diese Rolle allein erfüllen. Deshalb gründeten Oberhof, Schleusingen, Suhl und Zella-Mehlis im Jahr 2018 mit Unterstützung der damaligen Landesregierung die Kommunale Arbeitsgemeinschaft (KAG) Oberzentrum Südthüringen – freiwillig, ohne politischen Zwang. Ziel ist es, die Region gemeinsam zu stärken und zentrale Aufgaben wie Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung arbeitsteilig zu organisieren. Die vier Städte erfüllen eine zentrale LEP-Voraussetzung: einen engen siedlungsstrukturellen Zusammenhang. Dieser räumliche Zusammenhang ermöglicht abgestimmte Planung und funktionale Kooperation.

Ein gemeinsames Oberzentrum mit Meiningen und Schmalkalden widerspricht den Vorgaben des LEP – es fehlt der notwendige siedlungsstrukturelle Zusammenhang, direkte Grenzen bestehen nicht, dazwischen liegen andere Orte. Trotzdem entschied sich die frühere Landesregierung für die Erweiterung auf sechs Städte. Ein solch weitläufiger Sechser-Verbund ist jedoch zersplittert und schwer steuerbar. Die enge Abstimmung, die für gemeinsame Stadtplanung, Wirtschaftsförderung und funktionale Aufgabenverteilung erforderlich ist, ist kaum umsetzbar – wenn nicht unmöglich.

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Förder-Informationen

Durch die Förderinitiative „Aktive Regionalentwicklung“ innerhalb des Programms Region gestalten wurden die vier Städte bis April 2024 mit rund 700.000 Euro Fördermitteln vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) und dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) unterstützt. Seit Juni 2024 geht die Unterstützung durch Region gestalten weiter. Die Förderinitiative „Absorptionsfähigkeit von Fördermitteln in strukturschwachen Räumen stärken“ unterstützt die KAG bis Herbst 2026 mit rund 500.000 Euro Fördermitteln. Mehr Infos unter: www.oberzentrum-suedthueringen.de

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